Geschichte

Holzschindeln, ein alter Baustoff mit jahrtausendelanger Tradition
GESTERN und HEUTE
Der Mensch mußte sich immer schon Materialien, die er zum Bau seiner Behausungen benötigte, vor Ort suchen, bzw. bearbeiten. Lange Transportwege waren in der Frühzeit und im Altertum nur exklusiven und wertvollen Handelsgütern wie Gewürzen vorbehalten. Das wichtigste Baumaterial für den Menschen war immer das, womit er sich "ein Dach über dem Kopfe" schaffen konnte. Die natürlich vorkommenden Materialien waren je nach Region -Stein und Schiefer, -Stroh und Schilf, -Lehm (daraus später Ziegel), und weltweit am meisten vorkommend natürlich Holz. Aus Holz wurden Spaltbretter zur Dachdeckung hergestellt, je nach den Eigenschaften der zur Verfügung stehenden Holzarten länger oder kürzer, dicker oder dünner.

Die ältesten Zeugnisse über den Einsatz von Schindeln stammen aus dem Großraum Oberschwaben. Bei Bad Buchau wurden 6000 Jahre alte Reste von Buchenschindeln gefunden. Damals war Oberschwaben hauptsächlich mit dichten Laubwäldern aus Buche und Eiche bedeckt, es gab kaum Nadelbäume. Andere Funde stammen von Ausgrabungen an der Heuneburg bei Sigmaringen, einer uralten keltischen Siedlung, deren Anfänge etwa 4000 bis 5000 Jahre zurückgehen. Bei späteren Funden aus der Römerzeit hat man entlang des Limes und seiner Castelle oft bis zu 80 cm lange Eichenschindeln gefunden. Einer der ältesten schriftlichen Hinweise über Holzschindeln liefert der römische Reiseschriftsteller Tacitus in seiner "Germania". Dort hat auch unser Wort "Schindel" seinen Ursprung, es stammt ab vom lateinischen "scindere = spalten", daraus "scindula = Schindel". Auch aus anderen Teilen der Erde kennen wir alte Schindeltraditionen, von den Indianern Nordamerikas mit bis zu 2,0 m langen Spaltbrettern aus Rot-Zeder oder Redwood, aus China und Japan, sowie Südostasien (Paläste in Malaysia, Thailand, Indonesien). Auf der Insel Java gibt es bis heute uralte Paläste, die mit Teakholz-Schindeln gedeckt sind und heute wieder aufwendig restauriert werden.


Rekonstruktion einiger Gebäudeteile der keltischen Heuneburg bei Sigmaringen, gezeigt werden soll hier der Bauzustand während der Römerzeit vor ca. 2000 Jahren; statt Buchenschindeln wurden gespaltene Fichtenschindeln in 80 cm Länge verwendet, befestigt mit Holznägeln aus Eiche; fachliche Beratung: Fa. Weiss, Herbertingen;
Früher war das Befestigen der Schindeln ein großes Problem, da es keine günstigen Nägel gab. Eine Möglichkeit war der Einsatz von Eichenholznägel wie von der Heuneburg bekannt. Die andere Möglichkeit war die nagellose Verlegung, wobei Langschindeln bei flacheren Dächern mit Steinen beschwert wurden. Dies ist die im gesamten Alpenraum und eben auch bei uns im Allgäu übliche traditionelle Art des Legschindel-Daches oder "Landern-Daches". Die Häuser haben dabei eine Dachneigung von 20-23°, die Schindeln in 70 cm oder 80 cm Länge werden 3-lagig aufgelegt, dann kommen darauf leicht diagonal (nicht waagrecht!) die Schwerstangen (=halbierte Rundhölzer/Baumwipfel) und schließlich darauf schwere, flache Bachsteine. Die Ränder und Kanten des Daches, sowie der First wurden meist noch mit Holznägeln oder Lederriemen gegen Sturm gesichert. Heute findet man vor allem in Südtirol und Osttirol noch sehr viele derartige Dächer.
Huimatle in Knechtenhofen Heimatmuseum "s'Huimatle" in Thalkirchdorf-Knechtenhofen; 80 cm lange Legschindeln aus Alaska-Zeder; fachliche Beratung: Dipl.Ing.univ. Georg Hummel, Oberstaufen
Legschindeln aus Alaska-Zeder
Schindeldächer waren früher die Dachdeckung des armen Mannes. Holz war meist im Überfluß vorhanden, die relativ einfache Herstellung war im Winter eine willkommene Abwechslung zur übrigen harten Arbeit der Menschen während des Jahres. Im gesamten Mitteleuropa waren daher die meisten Dächer neben Stroh/Schilf eben am häufigsten mit Holzschindeln gedeckt. In den dicht zusammengebauten mittelalterlichen Städten entstanden ab dem 12. Jahrhundert immer öfter verheerenden Feuersbrünste, die bis zum 16. Jahrhundert fast vollkommen für eine Verbannung der Schindeldächer aus dem städtischen Bereich gesorgt hatten. Ziegel ersetzten dann die Schindeln in der Stadt, auf dem Lande jedoch war das Schindeldach europaweit bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts hinein üblich. Nach dem Ende des 1. Weltkrieges sind dann Schindeldächer immer schneller ausgestorben, interessanterweise immer zuerst in den Regionen, die sich wirtschaftlich sehr schnell entwickelten. Gehalten hat sich die Schindeltradition bis heute immer in den vormals eher ärmlicheren und agrarisch orientierten Landschaften, wie im Schwarzwald, Allgäu, Bayrischen Wald, Odenwald, usw.. Auch im gesamten Ostdeutschland gab es bis in die vierziger Jahre eine ausgeprägte Schindelkultur, wobei Eichenschindeln als Dachdeckung für Kirchen, Kirchtürme und Windmühlen sehr üblich war. Eine seltene Spezialität im Erzgebirge war und ist die Sonderform der Keilnutschindeln.
Historische Schindelart Historische Schindelart: Keilnutschindeln aus Fichte, 50 cm lang; Ferienhaus in der Tschechischen Republik;
Heimatmuseum "Hüsli" am Schluchsee/Schwarzwald Filmkulisse in der TV-Serie "Schwarzwaldklinik" Dach mit gespaltenen Rückenschindeln aus Fichte, 50 cm lang; Heimatmuseum Hüsle
Ein neues Kapitel in der Schindelgeschichte wurde aufgeschlagen, als es möglich wurde, durch mechanisierte Herstellung billigere Nägel zu fertigen. Erst ab da entstand vor 100-150 Jahre die Möglichkeit, in größerem Umfang Wände mit Schindeln zu verkleiden. Zwar gab es immer schon an herrschaftlichen Gebäuden aufwendige Schindelwände, befestigt mit handgeschmiedeten Nägel, aber für großflächige Verbreitung waren die Nägel zu teuer. Nun entstanden aber in mehreren Regionen gleichzeitig neue landschaftstypische Traditionen, zum Teil mit Zierschindeln (Rundschindeln wie im Kulturkreis Allgäu-Vorarlberg-Ostschweiz, sowie Schwarzwald, Oberhessen, usw.), zum anderen Teil aber auch rein funktional als Wetterschutz mit einfachen und klobigen eckigen Schindeln. Diese Unterscheidung zwischen "Verzierung" eines Hauses und einer rein wirtschaftlichen und zweckdienlichen Zielsetzung ist auch heute noch aktuell.
Gemesserte Rundschindeln
Gemesserte Rundschindeln aus Lärche, Allgäuer Art
Schwarzwälder Rückenschindeln
Schwarzwälder Rückenschindeln
 
Holzschindeln - HEUTE
Unser "Arme-Leute-Baustoff" von gestern hat heutzutage, sehr zu unrecht, das Ansehen des Exklusiven und Teuren bekommen. Wenn man überhaupt noch weiß, was Schindeln sind und wie sie eingesetzt werden, so herrscht oft die Meinung vor, "dies ist für uns sowieso unerschwinglich". Tatsächlich aber sind Schindeln meist preisgünstiger, als der Laie erwartet. Der Materialpreis liegt bei 3-lagiger Deckung ungefähr zwischen ca. DM 30.00 und DM 160.00 pro qm für den Endverbraucher incl. MWSt. Zur Auswahl stehen dabei mehr als 300 Schindelarten, davon etwa 100 Standartformen. Das eigentlich Teure an Schindeln ist die Verlegung, da vor allem bei kleinformatigen Rundschindeln diese Kosten sehr hoch sind. Daher übernehmen viele Bauherren diese Arbeit immer öfter in Eigenregie, was für handwerklich begabte Heimwerker unter unserer Anleitung kein Problem ist.

Bei uns in Deutschland werden ca. 80 % der verkauften Schindeln im Wandbereich eingesetzt, ca. 20 % als Dachdeckung. Ihre entscheidenden Vorteile gegenüber anderen Materialien können Schindeln vor allem als Fassadenverkleidung ausspielen. Als konstruktiver Wetterschutz an Westseiten sind Schindeln auch in den unteren Preiskategorien extrem langlebig. Die 3-lagige schuppenartige Verkleidung dichtet die Wand ab, dabei ist die Diffusionsfähigkeit gewährleistet. Die mechanische Stabilität und Abnutzungsfestigkeit ist langfristig kaum mit anderen Verkleidungen vergleichbar. Westseiten mit Schindeln zu schützen, ist sehr wirtschaftlich und rentabel, vor allem, wenn man großformatige Schindelarten auch in geringeren Qualitäten einsetzt. Hier bewegt man sich auf einem Preisniveau, das kaum höher ist, als das von einfachen Bretterverkleidungen.

Ein momentan sehr gefragter Einsatzbereich für Schindeln ist die Sanierung von Fassaden aus Asbestzementplatten, deren ökologische Bedenklichkeit erst vor etwa 10-15 Jahren richtig erkannt wurde. Da man nach dem Abbau der Fassadenplatten die Unterkonstruktion nur geringfügig ergänzen oder verändern muß und dann sofort darauf die Schindeln verlegen kann, sind Holzschindeln für derartige Sanierungen geradezu ideal.

Westfassade mit gesägten Rot-Zedernschindeln gesägte Weiß-Zedernschindeln
Beispiel einer sehr preisgünstigen Westfassade mit gesägten Rot-Zedernschindeln, Kl.2-B, 60 cm lang, Abstand 18 cm Umspannstation des AÜW Kempten in Zell bei Oberstaufen Sanierung der alten Asbestplattenfassaden mit gesägten Weiß-Zedernschindeln
Holzschindeln bieten im Fassadenbereich aber auch eine Gestaltungsvielfalt, wie kein anderer Verkleidungsbaustoff. Bei den mehr als 300 Schindelarten in etwa 10 verschiedenen Hölzern, unterschiedlichen Längen, Formen und Verlegetechniken ist für jeden Geschmack etwas dabei. Aufwendige Verkleidungen mit kleinen Schindeln oder bis ins Künstlerische gehende Verlegemuster sind dann zwar etwas teuerer, können den Gebäuden aber eine besondere Note und Ästhetik geben. Unser Zierschindel-Programm ist sehr umfangreich, außerdem können auch alle Kundenwünsche mit Sonderanfertigungen in die Tat umgesetzt werden.
Gesägte Rundschindeln aus Rot-Zeder Gesägte Rundschindeln aus Rot-Zeder, 12/40 cm, silbergrau endbehandelt
Gesägte Weiß-Zedernschindeln Gesägte Weiß-Zedernschindeln, Kl.A, silbergrau endbehandelt; siehe auch PFLEGEHINWEISE
Im Dachbereich können Schindeln schon eher als etwas Exklusives angesehen werden. Im Flachland gelten Schindeldächer im Vergleich zu den üblichen Standartdeckungen wie Ziegel als Liebhaberei und ausgefallene Gestaltungsalternative. Nur im Gebirge bei hohen Schneelasten haben Schindeldächer durchaus bessere Eigenschaften als Ziegel- und Blechdächer und können dann rentabler sein. Schindeldächer sind elastisch und geben dem Schneedruck schadlos nach, sind aber auch klimatisch optimal im Gegensatz zu Blechdächern. Bei der Auswahl der richtigen Schindelarten für Dachdeckungen werden aber aus Unkenntnis immer wieder gravierende Fehler gemacht. In geographisch ungünstigen Lagen mit hoher Luftfeuchtigkeit, generell immer unter 1000 m Meereshöhe, sollte man sehr vorsichtig sein und sich von uns beraten lassen. Gerade die sehr gefragten Lärchenschindeln werden in der Haltbarkeit oft überschätzt und sollten in problematischen Lagen durch Schindeln aus Rot-Zeder und am besten Alaska-Zeder ersetzt werden. Siehe auch BRANDSCHUTZ.
Gespaltene Alaska-Zedernschindeln Brücke über die Ostrach bei Hindelang Gespaltene Alaska-Zedernschindeln
gesägte Alaska-Zedernschindeln Extraklasse-Hartdach Hinterzarten/Schwarzwald, gesägte Alaska-Zedernschindeln Extraklasse-Hartdach

Hinterzarten/Schwarzwald, handgespaltene Alaska-Zedernschindeln

(Fa. Rudi Metzler GmbH, Hinterzarten)